Supercup. Und noch viel mehr.

Eine jubelnde Fußballmannschaft
(Foto: Athletic Bilbao)

Athletic Bilbao *) hat am vergangenen Sonntag den spanischen Supercup gewonnen. Was für die meisten sicher nur als Randnotiz wahrgenommen wurde, das hat für mich persönlich eine tiefergehende Bedeutung. Für mich gibt es mir ein klein wenig meiner verloren gegangenen Fußball-Hoffnung zurück.

 

Okay, es ist „nur“ der spanische Supercup. Aber es war zum einen die Art und Weise, wie sich Athletic zunächst gegen Real im Halbfinale und dann auf dramatische Art und Weise im Finale gegen Barca durchgesetzt hat. Real und Barca innerhalb von wenigen Tagen zu schlagen mit limitierten Möglichkeiten, aber mit so viel Einsatz, so viel Kampf und durchaus auch spielerischen Mitteln – Hut ab.

 

Zum anderen und für mich eben sehr viel wichtiger ist die Tatsache, dass Athletic Bilbao diesen Pokal gewinnen konnte. Ein Verein, der so viel mehr ist als nur einer von vielen fußballspielenden Clubs. Ein Verein, der sich auch im Jahr 2021 bewusst abhebt von dem durchkommerzialisierten Fußball, der mir wie vielen anderen meiner Generation seit Jahren kaum noch Freude bereitet.

 

Zur Erinnerung: Bei Athletic stehen seit dem ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts ausschließlich Spieler im Kader, die im geografisch überschaubaren spanischen oder französischen Teil des Baskenlandes geboren wurden oder in einem baskischen Verein ihre fußballerische Ausbildung erfahren haben.

 

Das wäre vergleichbar, als würde meine geliebte Düsseldorfer Fortuna ausschließlich auf Jungs aus dem Rheinland (außer Köln natürlich… ;-) ) setzen.

 

Ist das nationalistisch gedacht? Könnte man so interpretieren. Ist es aber nicht (sonst wäre ich auch raus...). In Bilbao sieht man das anders: der Verein wirkt in dem internationalen Supermarkt des Fußballs eher wie der regionale Marktstand, der auf importierte Ware verzichtet und stattdessen seine „Äpfel und Birnen“ aus dem heimischen Anbau anpreist. Oft mit Wurmstich, aber immer vom eigenem Hof.

 

Mit dieser selbst auferlegten Hürde, ausschließlich auf eigene Spieler zu setzen, schlägt sich dieser besondere Club seit Jahrzehnten mehr als nur gut. Der 1898 gegründete Verein mit seinen englischen Wurzeln („Don’t call him Atletico….“) war schon spanischer Meister, als Real und Barca noch auf Identitätssuche waren. Zusammen mit diesen beiden Größen des spanischen Fußballs ist Athletic Bilbao einer von drei Vereinen, die seit Gründung des spanischen Ligafußballs im Jahr 1928 dabei und nie abgestiegen sind.

 

8 Meisterschaften und 24 Pokalsiege später steht nun zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte der spanische Supercup in der Vitrine des San Mamés Stadions zu Bilbao.

 

Da hat mich am Sonntag tatsächlich eine Freudenträne gekostet. Denn auch ich als „Old School“-Fan hadere seit einiger Zeit und seit Beginn der Corona-Krise besonders mit dem „großen“ Fußball, den sich Konzerne, Oligarchen, rotbullige Brausehersteller, Finanzspekulanten und wie im Fall meines geliebten Birmingham City ein mittlerweile nicht mehr zu durchschauendes Finanzkonsortium aus Hongkong ohne jeden Funken Fußballverstand längst unter den Nagel gerissen haben.

 

Bei allen den Krokodilstränen der Verantwortlichen der Fußball-Aktiengesellschaften, wie sehr sie doch die Fans vermissen, ist mir längst bewusst: der sogenannte moderne Fußball kommt auch ohne uns klar. Leeres Stadion? Egal: Ball und Rubel müssen rollen.

 

Aus meiner ursprünglichen Liebe zu diesem fantastischen Sport, der Grenzen und Herzen öffnen kann, bleibe ich aus nostalgischen Gründen Fan von Fortuna Düsseldorf (….und weil dieser Club derzeit eben nicht jeden Kommerzwahn mitmacht…). Ich bleibe in der Verantwortung des Birmingham City Supporters Clubs in Germany, weil ich hier Freunde und Leidensgenossen fürs Leben gefunden habe. Ich freue mich weiterhin für meine Freunde in Nordirland, wenn der Larne FC die dortige Liga aufmischt. Ich drücke dem FC Brügge in Belgien die Daumen, damit auch ich mal ab und an etwas zum Jubeln habe.

 

Aber die Graswurzeln des Fußballs rieche ich mittlerweile lieber vor Ort bei meinen Herzensclubs SV 04 Attendorn und Azadi Attendorn.

 

Und für die Hoffnung, dass nicht alles schlecht ist im heutigen Fußball, dafür steht Athletic Bilbao.

 

AUPA ATHLETIC!

 

(*Anmerkung: In diesem Bericht nutze ich die in Deutschland bekannte Schreibweise ATHLETIC BILBAO. In Spanien und im Baskenland kennt man den Club dann doch eher unter ATHLETIC CLUB DE BILBAO.)

Drei Männer mit einem Pokal
(Foto: Athletic Bilbao)